Cassette Beasts hat vieles, was moderne „Monster-Sammelspiele“ nicht haben. Es hat viel Herz, tolle Monster-Designs und vor allem viele neue Ideen, die frischen Wind in das Genre bringen. Ist ein Typ stark bzw. schwach gegen einen anderen wird nicht einfach stumpf der Schaden erhöht – Cassette Beasts arbeitet mit Statuseffekten. Greift man ein Pflanzen-Monster mit Wasser an, erhält es beispielsweise einen Heilungseffekt für die nächsten drei Runden – Wasser hilft schließlich der Pflanze. Greift man ein Plastik-Monster mit Feuer an, wird es plötzlich zum Gift Monster – verbranntes Plastik ist immerhin giftig! So gibt es zahlreiche Wechselwirkungen, die das Gameplay interessant halten. Zugegeben: Man verliert, vor allem am Anfang, schnell den Überblick wie verschiedene Typen miteinander interagieren. Hat man sich jedoch erst einmal an die Mechanik gewöhnt, macht diese Kämpfe wesentlich interessanter als klassische Stärken-/Schwächensysteme.
Jedes Monster in Cassette Beasts hat nicht eine bestimmte Anzahl fixer Attackenslots. Angriffe werden in dem Spiel durch Sticker ausgeführt. Diese sind ähnlich wie TMs in Pokemon. Jedoch – im Gegensatz zu echten Stickern – kann man diese jederzeit wieder abziehen und neu aufkleben. Das Monster lernt eine Attacke, welches man aber gerne auf einem anderen Monster hätte? Abziehen und aufkleben! Wie klassische Sticker kann man diese sammeln und sie kommen in verschiedenen Seltenheitsstufen. Seltene Sticker haben zusätzliche Effekte, in etwa mehr Schaden oder höhere Statuswahrscheinlichkeiten. Neben Attacken gibt es auch passive Fähigkeiten als Sticker. Da man auch mehrere Passiva kombinieren und stacken kann wirkten diese in meinem Playthrought sehr mächtig. Was völlig okay ist. Das Spiel hat keinen Online-Modus und seine Power-Fantasy im Singleplayer auszuleben macht Spaß.
Cassette Beasts ist in erster Linie ein klassisches RPG – je höher dein Level, umso mächtiger bist du. Da man sich in einer Open-World bewegt, kann das Balancing schwierig werden. Hier wurde ein exzellenter Weg eingeschlagen. Man kann frei wählen, ob Gegner mitskalieren sollen und wie stark. So ist niemals ein Gegner unbesiegbar – auf niedrigen Stufen nicht einmal der letzte Boss des Spiels. Wenn man mit nicht einmal Level 20 (von 200) gegen den Endboss kämpfen und gewinnen möchte, lässt einem das Spiel diese Option offen. Speedrunner feiern schon erste Erfolge. Doch auch für Spieler, die ein kompetitives Kampferlebnis möchten, ist gesorgt. Neben dem Levelscaling kann man die Intelligenz der Gegner frei wählen. Sollen diese immer den besten Angriff wählen, oder – wie Menschen – ab und zu schwere Fehler machen? Oder will man nur die Story genießen und interessiert sich nicht für Herausforderung? Cassette Beasts bietet jedem Spielertypen ein großartiges Erlebnis.
Der Soundtrack ist großartig. Einige Lieder haben es auch in meine Playlist geschafft – das schaffen nicht viele Spiele. Die Story ist nicht weltbewegend, aber dennoch sehr knuffig. Die Charaktere sind allesamt sympathisch. Mit Ihnen zu interagieren und Freundschaften zu schließen macht Spaß. Das Gameplay rundet das Gesamtergebnis ab. Kann ich Cassette Beasts empfehlen? Natürlich! Wer dem „Monster-Sammel“-Genre nur annähernd etwas abgewinnen kann, sollte sich das Spiel einmal ansehen. Mit einmaligem Durchspielen ist man in etwa 20 Stunden beschäftigt, für 100% etwa 50-60. Danach gibt es zusätzliche Modi oder Speedrunning, die das Spiel weiterhin interessant gestalten.